26. Mai no risk, no fun

26. Mai:

Auf diesem Tag ruhten alle unsere Hoffnungen. Ein Blick auf die Modellkarten verriet schnell, dass dieser Tag die allerletzte Chance für uns war, Extremwetter in der Tornado-Alley zu erleben. Die Modellkarten wollten uns allerdings bis zuletzt nicht verraten, wo es auslösen wird. GFS zeigte einen völlig anderen Schwerpunkt, wo Schwergewitter zu erwarten sind, als WRF. Die Entscheidung, in welche Richtung wir uns orientieren sollten, wurde uns alles andere als leicht gemacht. Klar war nur eines: Wenn wir uns das falsche Zielgebiet aussuchen, dann haben wir unsere letzte von nur wenigen Chancen auf Schwergewitter verpasst – ein Alles-Oder-Nix-Spiel stand uns bevor!

Am Morgen checkten wir noch einmal die Modellkarten und beschlossen Richtung Westen, genauer gesagt Richtung Wichita Falls, aufzubrechen. Da die Strecke ins Zielgebiet nicht allzu weit war, waren wir schon um kurz vor 13 Uhr dort. Bis zur erhofften Auslöse der Gewitter mussten nun einige Stunden überwunden werden. Damit sich das Warten nicht wie Kaugummi hinzieht, fuhren wir an das Gelände der Sheppard Air Force Base heran und beobachteten die zahlreichen Düsenjets bei ihren Start- und Landemanövern.

Um 15 Uhr herum wurde die vertikale Ausdehnung der zahlreichen flachen Cumuli dann allmählich größer. Anhand der Wolkenbewegungen um uns herum fiel uns auf, dass wir uns genau im Zentrum eines kleinräumigen Bodentiefs befanden. Auf der einen Seiten zogen die Wolken in nördliche, auf der anderen Seite in südliche Richtung. Ein beeindruckendes Phänomen und Zeichen dafür, dass wir nicht ganz falsch positioniert waren. Doch die Auslöse ließ weiter auf sich warten.

Um 17 Uhr war es dann endlich soweit: Wie erwartet, wurde der Deckel an einer Stelle durchbrochen. Eine Quellwolke schoss plötzlich viel höher in den blauen Himmel, als es die anderen rundherum taten. Um sicher zu gehen, dass diese Quellwolken das Rennen macht, warteten wir noch einmal kurz ab. Nach nicht einmal 3 Minuten war jedoch klar: die ist es! Mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit wurde innerhalb von nicht einmal 20 Minuten aus einer kleinen Quellung ein mächtiger Wolkenturm mit Eisschirm. Nun hieß es schnell in die Autos und hinfahren. Auch wenn es nicht den Anschein machte, aber die scheinbar so nahe Zelle, war doch mehr als 70 km von unserem Standort entfernt.

Die Entfernung, die wir zurücklegen mussten, um erst einmal nur in die Nähe der Zelle zu kommen, war allerdings nicht das einzige Problem. Viel undankbarer war die Zugrichtung der Zelle: Sie nahm direkten Kurs auf den Ballungsraum von Dallas und Fort Worth, in dem Chasen praktisch unmöglich ist. Ansgar und Andreas waren hin und her gerissen: Was sollen wir tun? Unser letzte Chance zum Chasen sausen lassen? Den langen Anfahrtsweg und ein Chasen durch Dallas riskieren? Letztlich entschieden sie sich für das Chasen dieser imposanten Zelle. Und diese Entscheidung sollten wir nicht bereuen!

Etwa 30 Meilen westlich von Fort Worth holten wir die Zelle ein. Wir fuhren sie von hinten an und hatten dabei einen fantastischen Blick auf ihren Aufwindbereich. Die Quellungen des Aufwindschlotes waren beeindruckend. Zeit zum Anhalten und Fotografieren hatten wir leider nicht, denn unsere Position zur Zelle war noch nicht optimal. Das sollte sich dann schlagartig ändern, da die Zelle zu einem Splitting Storm wurde. Sie teilte sich direkt vor uns in zwei voneinander unabhängige Zellen. Der Aufwindbereich der nördlichen Zelle befand sich nun genau links von uns. Die Entwicklungsgeschwindigkeit der Quellungen an ihrer Flanking Line war atemberaubend schnell. Mit bloßem Auge konnte man sehen, wie sie nach oben strebten. Die Wolkenunterseite war einheitlich dunkel und scharf abgrenzt, wie es sich für eine mustergültige Basis gehört. Der Amboss breitete sich über uns gegen die Zugrichtung aus und komplettierte das überwältigende Gesamtbild.

Ungewöhnlich war, dass sich die nördliche Zelle (Leftmover) deutlich besser entwickelte als die südliche Zelle (Rightmover). Dadurch dass sich der Leftmover durchsetzte, standen wir nicht nur goldrichtig, sondern hatten auch kein Problem mehr mit Dallas. Der Leftmover schlug nördlichen Kurs ein und zog an Dallas und Fort Worth vorbei. Glück muss man haben! Aber jetzt hieß es: dran bleiben an dem Ding! Da die Zuggeschwindigkeit nicht allzu hoch war, war dies nicht schwierig. Wir mussten sogar mehrmals anhalten, um nicht in den Starkniederschlag und den Hagel zu kommen. Sobald Hagelkörner runterkamen, schalteten wir die Warnblickanlage ein und fuhren rechts ran. Das war auch besser so, denn so bekamen wir nur Körner von etwa 2 cm Durchmesser ab und nicht die dicken Brocken, die wir später im Grünstreifen neben der Fahrbahn fanden. Ohne lange zu suchen, fanden wir Hagelsteine von 7-8 cm Größe. Es ist sehr wahrscheinlich, dass einige Hagelsteine noch größer waren. Aber neben fehlender Zeit war es auch zu nass und gefährlich, um nach noch größeren Hagelsteinen Ausschau zu halten.

Einige Kilometer später mussten wir erneut anhalten, um nicht in einen Downburst zu geraten. Der Downburst ereignete sich nur einige 100 m vor uns, so dass die Straße wie abgeschnitten in einer grauen Wand endete. Überall lagen nun Äste und Blätter herum. Glücklicherweise blieben die Straßen befahrbar. Als wir den Ort Decatur durchfuhren, bekamen wir einen Eindruck davon, wie schnell es zu einer Flashflood kommen kann. Zwar gab es dort keine, aber das Wasser bahnte sich von überall kommend seinen Weg durch den Ort. Die Straßengräben waren zu kleinen Flüssen geworden, von allen Einfahrten kam Wasser herunter und es standen große Pfützen auf der Straße. Später suchten wir uns einen großen Parkplatz und machten Fotos und Videos von dieser gigantischen Zelle. Aus dem Eisschirm blitzte es ständig und seine kreisrunde Form ließ erkennen, dass die gesamte Zelle rotierte. Dazu wurde sie von der untergehenden Sonne in die verschiedensten Farben getaucht. Einfach der Hammer, dieser Anblick!

Nach Einbruch der Dunkelheit konnten wir ein eindrucksvolles Blitzspektakel während der Fahrt bestaunen. Leider fanden wir erst spät einen Platz, wo man Fotos machen konnte. Die Zelle hatte inzwischen beschleunigt und war schon weit weg. Blitze konnten wir daher nur noch sehr vereinzelt und aus weiter Ferne einfangen.

Dennoch fuhren wir gegen 23 Uhr zufrieden zu unserem Hotel nach Ardmore zurück. Glücklicherweise war dieses nicht mehr allzu weit weg.

© Deutscher Wetterdienst, Offenbach (DWD)

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